top of page

Textausschnitte

The Slave - Die Eós Chroniken

Prolog -

»Heute Nacht kam ein Bote«, erklärte Ser Raymund. »Er stammelte wirres Zeug.«

»Er sprach von einem Schatten«, meldete sich Blaufuß zaghaft und trat einen humpelnden Schritt vorwärts, das Sklavengewand schleifte am Boden, die Kette um seinen Hals rasselte, ein widerliches Geräusch wie Quinn fand. »Einem Schatten so groß wie eine ganze Feste. Er ließ Feuer auf die Erde regnen... und seine Feinde zu Asche verbrennen.«

Nachdenklich runzelte Quinn die Stirn und fuhr sich über das Kinn.

»Meint Ihr, dass es das ist, was ich glaube, dass es ist?«, fragte der schwarze Schakal seinen alten Ausbilder Ser Raymund.

Eben dieser sah ernst aus. Sein Mund war verkniffen, genauso, als würde er einen Schüler mit Blicken taxieren, von dem er genau wusste, dass dieser das Ritual niemals überstehen würde. Die alten falkenbraunen Augen waren ernst und starr nach vorne gerichtet und die Falten auf seiner Stirn waren noch tiefer als so schon.

»Ich wünschte, dass es nicht so wäre, Kaiven.«, sagte Ser Raymund und ließ sich schwerfällig auf einen der gepolsterten Stühle fallen.

»Wie kann es sein, dass ein Drache so weit im Norden ist?«, verlangte Quinn zu wissen, jedoch erwartete er nicht wirklich eine Antwort.

Plötzlich erhob sich eine neue Stimme, viel höher, weiblicher, dennoch genauso kriegerisch wie die von den beiden Hexenmeistern Quinn und Kaiven. »Drachen gab es einst überall in Eós. In den verschiedensten Formen und Größen. Hättest du bei der Theorie genauso gut aufgepasst, wie in der Praxis, wüsstest du das.«, zischte Kileea und betrat den Versammlungssaal. Sie trug nur ein elfenbeinfarbenes Nachtkleid, das ihr gerade einmal bis zu den Knien reichte.

Kaiven pfiff leise. »Und, wenn du dich immer so kleiden würdest, hätte nicht die halbe Schülerschaft der Akademie eine heiden Angst vor dir.«

Die junge Kriegerin verdrehte die Augen.

Eins -

»Eine Legende aus den Südländern besagt, die Rose sei als Strahl der ersten Morgenröte auf der Erde zurückgeblieben.«, erklang eine melodische Stimme direkt hinter mir.

Ich drehte den Kopf über die Schulter, mein Halsband rasselte leise und scheuerte unangenehm.

Hinter mir stand Ravena, eine Sklavin, die der gute Herr Moros vor gut zwei Monaten auf einem Sklavenmarkt außerhalb von Eashos erstanden hatte. Ich hatte sie schon öfter gesehen, meist war sie unter den Lustsklavinnen, da sie hübscher war, als viele andere Mädchen, die ich unter des Herrn Bestand jemals gesehen hatte. Ihre caramelfarbene Haut sah genau richtig aus für die Sonne des Westens, sie hatte etwas auseinanderstehende, braune mandelförmige Augen, die lieblich glitzerten und ihr Haar war schwarz wie die Nacht und reichte ihr bis zu den kurvigen Hüften.

Sie hielt einen Korb mit violetten und orangenen Blüten in den Armen und lächelte mich herzlich an. Das war selbst unter den Sklaven äußerst selten. Meistens kümmerte sich jeder um sich selbst.

»Gibt es viele solcher Legenden, da wo du her kommst?«, fragte ich mit runden Augen.

Sie grinste. »Tausende. Wenn man so viel in der Welt herum kommt, wie ich, hört man sie alle. In Anmeer, an den Salzküsten der Südlande glauben die Menschen, dass alles eine Bedeutung hat. Die Menschen dort glauben auch, dass alles Schicksal ist und die Götter es bestimmen. Nichts geschieht aus Zufall.«

Ich rupfte einen Stängel Unkraut heraus und blinzelte gegen die Sonne an, die direkt in ihrem Rücken stand. »Wo warst du denn schon überall?«

Sie lachte leise, ob meiner Neugierde und kniete sich neben mich nieder, rupfte einen Halm Unkraut aus dem Rosenbeet, vor dem wir knieten. Anscheinend wollte sie beschäftigt wirken, damit sie nicht von einem Aufseher angeschwärzt wurde.

»Fünf Jahre meines Lebens habe ich in Anmeer verbracht.«, berichtete sie. »Die Stadt liegt direkt am großen Salzmeer, weshalb man seine Küsten auch als Salzküsten bezeichnet. Sie glänzen wie Kristalle, weil das Salz auf dem Sand zurückgeblieben und getrocknet ist. An nebelfreien Tagen sah man vom höchsten Turm des Anwesens, auf dem ich gelebt habe, die eintreffenden Schiffe in den Hafen.« Sie rupfte noch drei kleine grüne Pflänzchen heraus. »Dann nahm mich ein Sklavenhändler von Anmeer zu den Jadeinseln mit. Das Wasser war so grün und eine Meile vor der Küste konnte man den Grund sehen, so klar war das Wasser.«

Es klang herrlich so viel gesehen zu haben, obwohl man Sklavin war. Wahrscheinlich musste man hübsch sein und den Männern gefallen, um so durch die Welt reisen zu können. Ravena war definitiv hübsch genug, ich... naja. Lieber nicht davon anfangen. Nicht umsonst konnte ich behaupten, noch Jungfrau zu sein und, dass kein Mann jemals dafür bezahlt hatte, Zeit mit mir zu verbringen. Einerseits vielleicht gut, andererseits schlecht. Ich hatte nie etwas anderes gesehen, als die Mauern des Anwesens.

Copyright 2023 © by Peawyn Hunter | Website created on Wix.com

bottom of page